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Ehepartner und Kredite: Anspruch auf Entlassung

Nicht selten unterstützt ein Ehegatte den anderen Ehegatten durch Mithaftung für die Darlehensverbindlichkeiten für eine Immobilie, die in dessen Alleineigentum steht. Grund hierfür ist meist, dass nur bei einer Haftung von beiden Ehepartnern eine ausreichende Bonität für die gewünschte Finanzierung besteht.

Wenn sich die Ehepartner dann trennen, kommt die Frage auf, ob ein Anspruch auf Entlassung aus den Darlehensverbindlichkeiten besteht. Die Antwort lautet: Ja – jedenfalls unter bestimmten Umständen.

Wer muss wen aus der Haftung entlassen?

Die Verpflichtung besteht jedoch nicht seitens der Bank. Diese darf an der gesamtschuldnerischen Verpflichtung der Ehegatten festhalten (§ 426 BGB) und bei Ausbleiben von Zahlungen auf die Verbindlichkeiten den jeweils anderen Schuldner in Anspruch nehmen. Es ist aber der Ehepartner der – unter gewissen Umständen – den anderen Ehepartner im Außerverhältnis, d.h. gegenüber dem Kreditinstitut, aus der Haftung freizustellen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1989, 835) beruht die Haftungsübernahme des Ehepartners auf einem Auftrag i.S.d. § 662 BGB. Indem ein Ehegatte dem Wunsch des anderen Ehegattem nach Übernahme der Mithaftung entsprochen hat, haben die Eheleute stillschweigend ein Auftragsverhältnis begründet. Dieses Auftragsverhältnis kann nach Scheitern der Ehe aus wichtigem Grund gekündigt werden (OLG Hamm OLG Hamm, Beschluss vom 15.04.2021 – 5 UF 155/20, Rz. 45).

Worin kann ein wichtiger Grund liegen?

Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Auftragsverhältnisses kann in dem Scheitern der Ehe begründet sein. Die herrschende Meinung versteht unter dem Scheitern der Ehe den endgültigen Auszug eines Ehegatten aus der früheren Ehewohnung (vgl. BGH FamRZ 2005, 1236; BGH FamRZ 2007, 1172).  Insbesondere, wenn eine neue Partnerschaft begründet wurde und eine Rückkehrabsicht in die ehemalige Ehewohnung ausgeschlossen werden kann, ist von einem endgültigen Scheitern der Ehe auszugehen.

Keine Partizipation mehr am Vermögenszuwachs

Bei intakter Ehe ist noch davon auszugehen, dass die Ehepartner gleichwertige oder jedenfalls absprachegemäße Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung leisten. Mit dem Scheitern der Ehe kann davon nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden. Es besteht kein Anlass mehr, dem anderen Ehegatten eine weitere Vermögensmehrung, wenn auch nur durch Absicherung einer Verbindlichkeit zukommen zu lassen. Denn schließlich profitiert vor allem der Ehegatte, in dessen Eigentum die in Rede stehende Immobilie steht, von jedenfalls der abstrakten Möglichkeit der Inanspruchnahme oder sogar der tatsächlichen Inanspruchnahme des anderen Ehegatten.

Ab wann kann die Entlassung verlangt werden?

Der mithaftende Ehegatte kann seinen Freistellungsanspruch ab dem Zeitpunkt geltend machen, in welchem die Ehe gescheitert ist. Also in der Regel ab dem endgültigen Auszug ohne Rückkehrabsicht. Der mithaftende Ehegatte muss also nicht etwa abwarten bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages oder gar der Rechtskraft der Scheidung. Es ist sogar empfehlenswert, den Freistellungsanspruch so früh wie möglich geltend zu machen, um nicht bei einem etwaigen Zahlungsausfall durch den Darlehensgeber in Anspruch genommen zu werden. Die Angst, dass die Freistellung negative Auswirkungen auf einen etwaigen Zugewinnausgleich haben könnte ist unbegründet.

Keine Auswirkung auf Zugewinn

Wichtig zu wissen ist auch, dass der Anspruch auf Entlassung aus gemeinsamen Darlehensverbindlichkeiten keine Auswirkung auf einen etwaigen Zugewinn hat. Richtig ist, dass der die Freistellung begehrende Ehegatte bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ebenfalls von einer etwaigen Wertsteigerung der Immobilie profitiert. Denn die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der beiden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung des Zugewinns maßgeblichen Endvermögen. Das Gesamtschuldverhältnis wird durch die Regeln über den Zugewinnausgleich nicht verdrängt. Jeder Ehegatte kann die gemeinsamen Verbindlichkeiten zum Stichtag in voller Höhe als Passivposten von seinem Endvermögen abziehen. Seine Durchsetzbarkeit vorausgesetzt, kann er dann den gegen den anderen bestehenden Ausgleichsanspruch wieder als Aktivposten dem Endvermögen hinzufügen. Damit stehen die gemeinsamen Verbindlichkeiten letztlich mit derjenigen Quote im Endvermögen der Ehegatten, die der im Innenverhältnis auf sie entfallenden Quote entspricht.

Wodurch kann der Anspruch ausgeschlossen oder eingeschränkt sein?

Der Freistellungsanspruch kann durch das Gebot der Rücksichtnahme unter Ehegatten gemäß § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB eingeschränkt sein. Dieser Anspruch wirkt auch über das Scheitern der Ehe hinaus. Die sog. eheliche Solidarität bleibt bestehen bis zur Rechtskraft der Scheidung. Ab diesem Zeitpunkt geht man von dem sog. Grundsatz der Eigenverantwortung aus, wonach die Ehegatten ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich für sich alleine zu sorgen haben.

Man kann annehmen, dass das Interesse des Freistellungsgläubigers (d.h. des Ehegatten, der die Haftungsentlassung begehrt) schwerer wiegt, als das Interesse des anderen Ehegatten etwa in der ehemaligen Eheimmobilie verbleiben zu können.

Auch das frühere Motiv, welches vormals zur Aufnahme der Verbindlichkeit geführt hatte, wie zum Beispiel der Aufbau eines Familienheims, wiegt nicht schwerer als das Freistellungsbegehren.

Allerdings ist Vorsicht geboten, sofern der Immobilieneigentümer aufgrund der Erfüllung des Freistellungsanspruchs in eine finanzielle Notlage geraten würde. Es ist vor der Geltendmachung des Freistellungsanspruchs zu prüfen, ob beispielsweise das Kreditinstitut dem Eigentümerehegatten eine Umschuldung anbieten kann. Unproblematisch dürfte der Fall sein, wenn der Ehegatte ohnehin über gute finanzielle Mittel verfügt, um die Verpflichtungen alleine zu tragen.

Auch an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Geltendmachung des Freistellungsanspruchs kann es unter Umständen mangeln. Dies wurde in der Rechtsprechung etwa für den Fall angenommen, dass durch einen Makler die Existenz eines Verkaufsauftrages nachgewiesen wird und der Verkauf der Immobilie ohnehin kurz bevorsteht. Mit Erhalt des Veräußerungserlöses würden die Darlehensverpflichtungen dann nämlich ohnehin wegfallen.

Dem Freistellungsgläubiger kann es, sofern eine gute wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteht, je nach Lage des Einzelfalls aufgrund der fortwirkenden ehelichen Solidarität auch zugemutet werden, mit der Geltendmachung des Freistellungsanspruchs zuzuwarten, solange nur ein abstraktes Vollstreckungsrisiko besteht. Sofern sich dieses in ein konkretes Vollstreckungsrisiko verwandelt, ist ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar.

Es ist stets zu beachten, dass bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Freistellungsschuldners dies in der Zwangsversteigerung der Immobilie enden kann. Dies kann – auch hier je nach Einzelfall – von der ehelichen Solidarität nicht gedeckt sein.

Unsere Empfehlung

Lassen Sie sich anwaltlich beraten über die Chancen und Risiken der Geltendmachung Ihres Freistellungsanspruchs. Es ist zu prüfen, ob in Ihrem Fall tatsächlich von einem Scheitern der Ehe ausgegangen werden kann. Außerdem sind die gegenseitigen Interessen anhand der aktuellen Rechtsprechungslage gegeneinander abzuwägen unter Beachtung des Gebotes der Rücksichtnahme.

FAQ

Wann haftet der Ehepartner für Schulden?

Eine gemeinsame Haftung der Eheleute besteht nur, wenn Schulden gemeinsam aufgenommen wurden oder für Geschäfte zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs im Rahmen des § 1357 BGB.

Was ist ein Freistellunganspruch?

Ein Freistellungsanspruch (auch: Befreiungsanspruch) ist das Recht, von einer anderen Person die Befreiung von einer Verbindlichkeit zu verlangen.

Wer zahlt nach Trennung Hausdarlehen/ Immobiliendarlehen?

Sofern beide Ehegatten Darlehensschuldner sind, d.h. wenn sie beide den Darlehensvertrag unterschrieben haben, haften auch beide Ehegatten gegenüber dem Darlehensgeber.

Sind Eheleute immer Gesamtschuldner?

Nein, in der Regel haftet derjenige Ehegatte für seine Schulden, der sie aufgenommen hat. Wenn die Ehegatten jedoch gemeinsame Darlehensverbindlichkeiten eingehen, haften sie im Außenverhältnis jeder für sich genommen für die gesamte Schuld (sog. Gesamtschuldverhältnis). Im Innenverhältnis können die Ehegatten unter Umständen einen Ausgleichsanspruch gegeneinander haben.

Was gilt beim Zugewinnausgleich für Häuser / Immobilien, die Alleineigentum sind?

Grundsätzlich ist die einem Ehegatten allein gehörende Immobilie nicht Teil der Vermögensauseinandersetzung. Allerdings partizipiert der andere Ehegatte an der Wertsteigerung dieser Immobilie während der Ehezeit.