kanzlei@elblaw.de

Kaiser-Wilhelm-Str. 93 / 20355 Hamburg

+49 (0) 40 411 89 38-0

Kontaktieren Sie uns!

Mo-Do 8.30-17.00 Uhr / Fr 8.30-16.00 Uhr

Wir sind für Sie da!

Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers

Unter Arbeitsunfähigkeit ist der Zustand zu verstehen, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit nicht in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Entscheidend ist dabei nicht das subjektive Empfinden des Arbeitnehmers, sondern eine objektive Betrachtung, meist gestützt auf ein ärztliches Attest.

1. Pflichten des Arbeitnehmers

Ein erkrankter Arbeitnehmer hat mehrere Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber:

Anzeigepflicht: Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber unverzüglich über seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer informieren. Dies sollte möglichst vor Beginn der Arbeitszeit geschehen, spätestens jedoch so früh wie möglich.

Nachweispflicht: Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Der Arbeitgeber kann jedoch auch früher eine solche Bescheinigung verlangen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder durch eine betriebliche Vereinbarung geregelt ist.

Mitwirkungspflicht: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Aktivitäten, die den Heilungsprozess behindern, können unter Umständen zu einer Kündigung führen.

2. Rechte des Arbeitnehmers

Im Krankheitsfall hat der Arbeitnehmer mehrere Rechte, die ihn schützen sollen:

Entgeltfortzahlung: Der Arbeitnehmer hat im Krankheitsfall wegen einer Diagnose für die Dauer von bis zu sechs Wochen Anspruch auf die Fortzahlung seines Gehalts durch den Arbeitgeber (§ 3 EntgFG). Voraussetzung dafür ist, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet ist und das Arbeitsverhältnis bereits seit mindestens vier Wochen besteht.

Kündigungsschutz: Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist wirksam, wenn beim Zugang der Kündigungserklärung beim Gekündigten eine negative Zukunftsprognose hinsichtlich der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit festgestellt wird und das Arbeitsverhältnis durch die Fehlzeiten erheblich belastet ist.

Indizien für eine negative Gesundheitsprognose sind:

(1) Häufige Kurzerkrankungen mit einheitlichem oder wiederholendem Krankheitsbild

(2) Langandauernde Erkrankungen, wobei mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nach 24 Monaten nach Zugang der Kündigungserklärung beim Gekündigten nicht zu rechnen ist.

Die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Arbeitnehmers müssen zu erheblichen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen führen. In Betracht kommen dabei insbesondere:

(1) Betriebsablaufstörungen zum Beispiel Störungen in Produktionsprozessen

(2) wirtschaftliche Beeinträchtigungen, wenn Entgeltfortzahlungskosten von jährlich mehr als sechs Wochen zu erwarten sind

Datenschutz: Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber die genaue Art seiner Erkrankung mitzuteilen. Der Arbeitgeber hat lediglich das Recht zu erfahren, dass eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt und wie lange diese voraussichtlich dauert. Sollten Unklarheiten über die Dauer einzelner Diagnosen bestehen, können Arbeitnehmer bei ihrer Krankenkasse eine Bestätigung ihrer Krankheitszeiten einholen.

3. Pflichten des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber hat ebenfalls bestimmte Pflichten im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers:

Entgeltfortzahlung: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Gehalt des Arbeitnehmers für bis zu sechs Wochen weiterzuzahlen, wenn dieser aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig ist. Nach Ablauf der 6 Wochen erhält der Arbeitnehmer in der Regel Krankengeld von seiner Krankenkasse. Bei unterschiedlichen Diagnosen beginnt der Entgeltfortzahlungszeitraum für jede Diagnose erneut zu laufen, sodass der Arbeitgeber weiter zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist.

Fürsorgepflicht: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor Überlastung schützen und hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auch Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach länger andauernder Krankheit zu ergreifen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten. Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, um die Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters wiederherzustellen und zu erhalten.

Fazit

Arbeitsunfähigkeit ist ein sensibles Thema, das sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vor Herausforderungen stellt. Während der Arbeitnehmer durch Entgeltfortzahlung und Kündigungsschutz geschützt wird, muss er seine Pflichten, insbesondere die Anzeigepflicht und die Mitwirkungspflicht zur Genesung, ernst nehmen. Der Arbeitgeber hingegen ist verpflichtet, die Entgeltfortzahlung zu leisten und Fürsorge für den erkrankten Mitarbeiter zu tragen, wobei das BEM eine zentrale Rolle spielt.

FAQ

Wer zahlt bei Arbeitsunfähigkeit in den ersten vier Wochen des neuen Arbeitsverhältnisses?

Nach § 3 Abs. 3 EntgFG muss der Arbeitgeber in den ersten vier Wochen ab dem vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn keine Entgeltfortzahlung leisten. In diesem Fall zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Erst nach Ablauf der vier Wochen ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.

Ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach sechs Wochen Entgeltfortzahlung für dieselbe Diagnose bei dem gleichen Arbeitgeber für immer erloschen?

Nein. Nach § 3 Abs. 1 EntgFG verliert der Arbeitnehmer wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn er

Nr. 1 vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder

Nr. 2    seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.